Abhängigkeit ist im Grunde der Versuch, unerfüllte Bedürfnisse der Vergangenheit in der Gegenwart erfüllt zu bekommen.
Es sind ungeheilte Verlassenheitsängste aus der Kindheit.
Als wir Kinder waren, fühlten wir uns in unserer Beziehung (Liebe-Zuneigung) zum gegengeschlechtlichen Elternteil nicht unterstützt und litten sehr darunter. Uns fehlte es an wahrer emotionaler Nahrung oder wir erhielten stattdessen eine Form der Zuwendung, die ohne Wärme war oder nicht unseren legitimen Erwartungen entsprach.
Sich in Abhängigkeit zu begeben heißt demnach, den Versuch zu unternehmen, die Vergangenheit in der Gegenwart neu zu gestalten.
Ein vergeblicher Versuch, der von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.
Abhängig zu sein heißt, zu nehmen, um dadurch alte Bedürfnisse erfüllt zu bekommen. Da es sich aber um alte Bedürfnisse handelt, können sie in der gegenwärtigen Situation nie vollständig erfüllt werden. Nur Einsicht in diese Zusammenhänge, gepaart mit Vergebungsbereitschaft, wird die von der Vergangenheit ausgehende Belastung aufheben können.
Befreiung aus Abhängigkeit ist nur möglich, wenn wir die Vergangenheit ebenso loslassen wie den Gedanken an die Erfüllung der alten Bedürfnisse in der Gegenwart.
Denke sorgfältig über den Menschen nach, dessen Anerkennung du gewinnen möchtest, den Menschen, von dem du dich möglicherweise
abhängig fühlst. Wer war es, ganz ehrlich, dessen Zuneigung du früher einmal zu gewinnen suchtest?
Versetze dich in die Lage deines Kindes, dem Zuneigung versagt wurde, und dann schenke dem Elternteil oder dem Menschen genau das, was du von ihnen gerne bekommen hättest.
Nimm wahr, dass du dir selbst hilfst, wenn du ihnen gibst und wahrhaft auf sie zugehst. Jetzt kann dir das Ausmaß deiner eigenen Abhängigkeit bewusst werden. Die Hilfe, die du ihnen gewährst, nutzt auch dir selbst.
Wo auch immer wir uns in Abhängigkeit befinden, da geben wir Urteile über andere ab. Wir gehen davon aus, dass ein anderer oder auch die Situation unsere Bedürfnisse hätte befriedigen sollen, dass es dazu aber nicht kam. Um die Erfüllung unserer Wünsche in der augenblicklichen Situation zu erreichen, begeben wir uns in Abhängigkeit, im Glauben, dass unsere Bedürftigkeit jemanden veranlassen werde, unsere Wünsche zu erfüllen.
Wenn wir aber in der Vergangenheit Urteile gefällt haben, haben wir Schuldgefühle. Bedürfnisse, die aus dem Mangel an echter Bindung, aus der Erfahrung des Verlusts oder aus Angst entstehen, sind verwoben mit Schuldgefühlen.
Statt immer wieder zu versuchen, in der Vergangenheit zu leben, könnten wir einfach vorangehen und dabei feststellen, dass unsere Bedürfnisse dann auf ganz selbstverständliche Weise befriedigt werden. Abhängigkeit schafft lediglich ein ungutes Gefühl, das in einen Teufelskreis mündet. „Ich bin bedürftig, ich bin mit mir überhaupt nicht zufrieden. Ich bedarf deiner Zuwendung in einem noch höheren Ausmaß, ich bin noch weniger mit mir zufrieden als zuvor.“
Es wird Zeit, dass du dich von den Urteilen darüber löst, wie die Dinge hätten sein sollen oder wie jemand hätte sein sollen. Sei bereit, dem Vergangenen zu verzeihen und den nächsten Schritt offener und bereitwilliger anzunehmen.
Was du hast, hat auch dich,
was du willst, fängt an zu befehlen.